Als dreifach alleinerziehende Mutter, die von zuhause aus den Zappelino aufgebaut hat, sind mir Herausforderungen al-les andere als fremd. Auch wenn es Momente gab, die nicht immer leicht waren, so war ich meist im tiefen Vertrauen, dass nichts zu meinem Schaden sein wird und wir nur die Aufgaben bekommen, die wir bewältigen können. Unterstützt dabei hat mich und meine Familie das Mantra „Ich hab´ die Kraft, die alles schafft“.
Vor allem meiner ältesten Tochter Paula betete ich es immer wieder vor. Denn Paula erkrankte im Alter von 14 Jahren an einer Gehirnentzündung,. die dazu beitrug, dass sie über Jahre an undefinierbaren Schwindelanfällen litt. Es folgten zahlreiche Besuche bei Ärzten, Heilpraktikern und Spezialisten, bis sie schließlich im Alter von 21 eine epileptische Klinik aufsuchte, die sie daraufhin medikamentös einstellte Die Medikamente trugen allerdings nie dazu bei, dass sie anfallsfrei war. Immer wieder wurde sie mit dem Rettungswagen – einmal sogar mit dem Helikopter – ins Krankenhaus gebracht. Nachdem Paula in einigen Kliniken stationär behandelt wurde und so gut wie alle Medikamente ausprobiert hatte, wurde eine Gehirnoperation in Be-tracht gezogen. Da die Anfälle immer häufiger und heftiger wurden, entschied sich Paula im letzten Jahr, eine komplizierte Kopf-OP durchführen zu lassen. Nach geglückter OP folgte eine Reha. Der Gesundheitszustand von Paula hat sich massiv verbessert, sodass sie seit Sommer 2022 als juristische Sachbearbeiterin in Frankfurt arbeitet. Nebenher engagiert sie sich in einem Verein für junge Epileptiker und berät Menschen mit Epilepsie.
Paula, deine Biografie liest sich ja nahezu wie ein kleines Wunder. Woher nimmst du die Kraft, alles zu schaffen?
Ich schaffte es schnell, meine Krankheit Epilepsie zu akzeptieren und damit umzugehen.
Mir war es von Anfang an wichtig, dass mein Umfeld informiert ist und vor allem weiß, wie man mit mir umgehen sollte. Daher teilte ich dies ungehemmt mit, wofür sich die anderen bedankten, und ich mich innerlich nochmal wohler fühlte, anstatt es vor ihnen zu verbergen.
Ich sage mir immer, dass meine Erkrankung lediglich ein Teil von mir ist, sie aber nicht mein Leben bestimmt. Morgens beim Aufstehen dachte ich mir nie „Oh, Gott, hoffentlich passiert mir heute nichts“.
In den eigenen vier Wänden daheim zu sitzen, tat mir nicht gut, daher bin ich immer unter Menschen gegangen. Ich habe mich nie gefragt, was mein Umfeld wohl denkt, wenn ich einen Anfall habe oder man mir die kahlen Stellen nach meinen Gehirnoperationen ansah. Komische Blicke in der Öffentlichkeit konnte ich schnell ignorieren. Ich sagte mir immer, dass ich diese nie wieder sehen würde und falls doch, war es mir egal, was sie denken.
Ich sehe mich sehr selten als eine kranke Person und trete eigentlich immer als ein gesunder Mensch in die Öffentlichkeit. Mein Wille, im Alltag und im Haushalt alles allein zu schaffen, war schon immer da. Ich sage mir seit längerem „Selbst ist die Frau“.
Was mir schon immer gut tut, ist die Natur. Dort kann ich gut abschalten und schaffe es leichter, mich auf das „Hier und Jetzt“ zu konzentrieren. Besonders freue ich mich über die Pflanzen, welche gerade blühen, sowie über manche Tiere, wie z. B. Eichhörnchen und Bergkühe.
Ebenfalls liebe ich es, in kleinen Cafés zu sitzen und verschiedene Dinge am Laptop zu erledigen. Diese beiden, einfachen Dinge gönne ich mir regelmäßig als Ausgleich zu meinem Alltag und Zustand. Durch Gespräche mit Familie, Freunden und Ärzten, ist es mir gelungen, besser mit meinen Sorgen, Frustrationen oder Wut umzugehen.
Früher war ich in psychologischer Behandlung, um die Situation mit meiner Erkrankung kompetent zu bearbeiten.
Einen wichtigen Stellenwert in meinem Leben nehmen meine Freunde ein, die mich nicht als kranke Freundin ansehen. Mit ihnen unternehme ich alles, auf was wir Lust haben. Zudem tut es mir seit langem sehr gut, mich mit Menschen auszutauschen, welche dieselbe Erkrankung haben. Denn diese verbindet uns. Mit ihnen führt man andere Gespräche als mit Menschen, welche davon nicht betroffen sind. Durch das Reden und die Ablenkung konnte ich mich schnell auf andere Dinge konzentrieren und die schwierigen Situationen bzw. Ereignisse waren schnell vergessen.
Mein Lebensmotto ist „Lachen ist die beste Medizin“. Daher versuche ich, auch in schwierigen Situationen, humorvoll zu sein. Selbst über meinen Gesundheitszustand mache ich häufig Witze.
Mein Selbstbewusstsein wird durch Komplimente von Familie, Freunden, Kollegen und Ärzten, immer stärker. Darauf bin ich stolz, was mir wiederum nochmal mehr Kraft gibt.
Ich sage mir immer, dass ich durch Herausforderungen willensstärker sowie selbstbewusster werde und ich dadurch die Kraft habe, alles zu schaffen!