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Ein Herz für Ameisen 

In der experimenta gibt es die faszinierenden Insekten hautnah zu erleben 

Drei Kinder in neongelben Sicherheitswesten stehen staunend vor der großen Halbkugel aus Plexiglas. Dahinter tummeln sich unzählige Ameisen um einen üppigen Brombeerast. Eine Erzieherin kniet daneben und zeigt auf ein besonders großes Exemplar mit Flügeln. „Ist das die Königin?“, fragt sie. Experimenta-Mitarbeiter Holger Wanner schüttelt den Kopf und zeigt auf die runde Kammer daneben: „Die Königin lebt dort drüben versteckt in einem Pilz, wo sie gut geschützt ist“, erklärt er und sagt zu den Kindern: „Ohne die Königin geht nämlich gar nichts, deswegen passen die Ameisen gut auf sie auf.“

Die Kita-Gruppe lernt gerade in einem Projekt mehr über die wunderbare Welt der kleinen Krabbeltiere. Da ist sie in der experimenta genau am richtigen Ort, um die fleißigen Insekten in Aktion zu beobachten. Hier im ForscherLand im 4. Stock tummeln sich nämlich mehrere tausend Blattschneiderameisen in einem System aus drei Kammern und einem neun Meter langen Rohrsystem. Während Holger Wanner sich weiter mit den Kindern unterhält, steht sein Kollege Jochen Bücking an der geöffneten Klappe zur Futterkammer – und lässt Rosenblätter regnen. „Die Ameisen lieben die Blüten und Blätter von Rosen, am meisten natürlich frische“, erzählt er. 

In der kalten Jahreszeit gibt es von Blumen nur die getrocknete Variante: Rose, Sonnenblume und Malve haben Wanner und Bücking – neben den Brombeerblättern – aktuell für die Ameisen im Angebot. Und so bewegt sich ein bunter Reigen an grünen, rosa, lila und gelben Stückchen durch die Rohre. Ameisen sind richtige Kraftpakete, das Zehnfache ihres Körpergewichts können sie tragen. Unermüdlich schleppen sie das Futter, das sie mit ihrem kräftigen Mundwerkzeug zerkleinern, zum Pilz. Mit den Pflanzenstückchen versorgen sie den Pilz, er kann dadurch wachsen und so die Insekten ernähren.  

Der Pilz in der mittleren Kammer sieht aus wie ein weiß-gräulicher Schwamm. Er ist nur schwer zu erkennen, weil die Innenseite des Glases großflächig mit Dreck übersät ist. Was wie eine große Sauerei wirkt, scheint clevere Strategie zu sein: „Das ist Brei aus gekauten Blättern. Damit schützen die Ameisen wohl den Pilz vor zu viel Sonneneinstrahlung und damit ihre Königin“, erklärt Holger Wanner. Stirbt die Königin, stirbt das Volk. Deswegen ist die Pilzkammer auch für die Mitarbeitenden der experimenta tabu. „Wenn man doch mal was an der Pilzkammer machen muss, werden die Ameisen schnell nervös und können auch mal zwicken“, erzählt Jochen Bücking. 

Als Mitarbeiter im Technikpool sind die beiden gemeinsam mit ihren Kollegen für die Wartung und Reparatur von den Mitmachstationen in der experimenta zuständig – und daher auch für die Ameisen als „lebendiges Exponat“. Mehrmals täglichen schauen sie nach der Kolonie. Sie prüfen Temperatur und Luftfeuchtigkeit, legen Blätter nach und leeren regelmäßig die dritte der drei runden Glasbehälter: die Abfallkammer. Dort entsorgen die Krabbeltiere Pflanzenreste und abgestorbene Pilzstückchen. „Deswegen sind sie auch so pflegeleicht, sie räumen selbst auf“, sagt Jochen Bücking augenzwinkernd. Auch Ameisen, die das Zeitliche gesegnet haben, landen hier.

Wer so hart arbeitet, verdient auch mal ein Verwöhnprogramm. Bei den Ameisen kommt das in Form einer Honig-Wasser-Mischung – und der Spaß für die Mitarbeitenden dabei nicht zu kurz. Denn häufig zeichnen sie mit der Honiglösung Symbole wie zum Beispiel einen Stern an die Glasscheibe. An Weihnachten gibt’s auch mal einen Tannenbaum. Heute malt Bücking ein Herz an die Glasscheibe, auf dem sich bald zahlreiche Ameisen versammeln und so ein krabbeliges Herz bilden. Die Ameisen und ihre Pfleger sind halt einfach herzig. 

Infos: Experimenta, Experimenta-Platz, Heilbronn https://www.experimenta.science

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