Ein Vormittag im Brückental mit den Heilbronner Laubfröschen


Andächtig sitzen die beiden Waldkindergartenkinder auf ihrer Brücke und unterhalten sich. Ob sie wohl stabil ist oder durch weitere Stöcke verstärkt werden sollte? Zwischendurch stehen sie immer wieder auf, um sie noch zu verbessern. Sie lassen sich nicht aus der Ruhe bringen und das, obwohl die anderen Kinder seit langem Verstecken spielen. „Mäuschen piep einmal“, hört man die Suchende rufen, die ihren Blick schweifen lässt. Plötzlich entdeckt sie einen bunten Anorak hinter einem Stamm und ist überglücklich, als schließlich alle Kinder aus ihren Verstecken auftauchen.
Langeweile? Fehlanzeige!
Den heutigen Tag verbringen die Heilbronner Laubfrösche nicht an ihrem Waldplatz beim Bauwagen auf der Waldheide, sondern im Brückental, wie die Kinder diesen Ort liebevoll getauft haben. „Wir unternehmen regelmäßig Ausflüge im Wald und entdeckten kürzlich diese Stelle, damals noch mit einem kleinen Bach, verursacht durch die zahlreichen Regenfälle. Sofort legten die Kinder mit vereinten Kräften los, um eine Brücke zu errichten. Da ist doch eigentlich naheliegend, diese Stelle als Brückental zu bezeichnen, oder?“ lacht Jasmin Passow, die bereits seit 10 Jahren als Erzieherin im Heilbronner Waldkindergarten tätig ist und immer wieder über die Kreativität der Kinder staunt. Auch wenn die Winter für sie nach all den Jahren immer noch eine Herausforderung darstellt, schwärmt sie für den Alltag im Waldkindergarten. „Mich fasziniert, dass die Kinder da weiterbauen und spielen, wo sie das letzte Mal aufgehört haben. Langeweile kennen sie im Wald nicht“, so die Erzieherin, die auf das selbstgebaute Tipi sowie auf die Zwergenstadt aus Naturmaterialien zeigt.

Die Ruhe im Wald sorgt für Entspannung
Selbstvergessen baut eine Handvoll Kinder am Tipi weiter, während zwei Waldkinder versuchen, auf einen Baumstumpf zu klettern. Es herrscht emsiges Treiben, das selbst durch meinen Besuch in keinster Weise gestört wird. Die Temperaturen um die Null Grad hindert die Kinder nicht, mit ihren gefütterten Winterhosen durch den Wald zu streifen. Frieren? Fehlalarm. Putzmunter hüpfen sie durch den Wald, klettern über Äste und Stämme, inspizieren Blätter und Wurzeln und genießen den Auslauf.
Vor allem die Ruhe im Wald ist es, die die Erzieherin Alisha Kolgeci schätzt. „Ein Waldkindergarten ist nicht nur ideal für Kinder, sondern ebenfalls für die psychische Gesundheit von Erzieherinnen und Erziehern perfekt. Der Lärmpegel in geschlossenen Räumen strengt sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen gleichermaßen an. Zudem kann man als Pädagoge durch die kleineren Gruppen im Waldkindergarten verstärkt den Fokus auf das einzelne Kind richten und erkennt so besser, wo es einen aktuellen Unterstützungsbedarf gibt.“

Leben mit der Natur
Auch Jasmin Passow kommt ins Schwärmen, wenn sie über ihren Arbeitsplatz draußen in der Natur berichtet: „Man lebt tatsächlich mit der Natur. Selbst die Kinder nehmen bewusst das Vogelgezwitscher sowie das Aufwachen der Natur im Frühling wahr. Die Stimmung in der Gruppe verändert sich dadurch völlig. Werden die Kinder automatisch im Winter ruhiger und entspannter, so sind sie viel lebendiger, wenn’s Frühling wird und die Sonne scheint. Sie passen sich tatsächlich dem Rhythmus der Natur an. Zudem lernen sie, nach sich und dem eigenen Rhythmus zu schauen und sind hier bei uns recht frei, auch wenn es natürlich Regeln gibt. Während der sechs Stunden, die sie hier in der Natur verbringen, können sie runterfahren und entschleunigen“, erklärt die Erzieherin, die erwähnt, dass der Heilbronner Waldkindergarten aus zwei Gruppen à 14 Kindern im Alter von 3-6 Jahren besteht. Auch wenn es für beide Gruppen jeweils einen Bauwagen zum Malen, Basteln und Aufwärmen gibt, so halten sich die Kinder lieber draußen in der Natur auf.
Was die beiden Erzieherinnen am Konzept des Waldkindergartens begeistert, ist die Achtsamkeit, die die Kinder für die Natur entwickeln. „Kürzlich waren wir unterwegs, als Schnee lag und plötzlich fragte ein Mädchen, dass noch nicht lange im Waldkindergarten ist: ‚Hört ihr das?. Wir schauten sie fragend an und sie erwiderte: Der Schnee knirscht unter meinen Füßen’. Solche Erlebnisse machen das Arbeiten im Waldkindergarten absolut lebenswert!“

Infos: brigitte.bartsch@waldkindergarten-hn.de