Heilpflanze des Jahres 2023, die Weinrebe: Vitis vinifera- so viel mehr als „nur“ Wein
Wir leben in einer der größten Weinregionen Deutschlands. Fast überall wird der Wein zelebriert. Zahlreiche Wanderwege, geführte Touren und „Festle“, vor allem während der Herbstzeit, passend zur Traubenlese, werden gefeiert. Lebt man mitten darin, kommt es einem als „Nicht-Wengerter“ (Weingärtner) während der Traubenlesezeit fast schon vor, als verpasse man das älteste Kulturgut. Stimmt das denn? Und warum wurde die Weinrebe Vitis vinifera, umgangssprachlich Wein, als Heilpflanze des Jahres 2023 bestimmt?
Tatsächlich wird der Weinstock als älteste Kulturpflanze angesehen. Nach historischen Überlieferungen war bereits im alten Ägypten zu Zeiten von Pharaonen der Weinbau hoch im Kurs. Isis wurde schwanger, nachdem sie von den Trauben aß. Osiris ernannte daraufhin den Wein zum Zaubermittel. In Griechenland gab es schon ca. 4.500 v. Chr. eine Weinkultur, ganz vorne voran mit Dyonysos, auch Bacchus genannt, als Weingott. Natürlich war der Wein im alten Rom und später auch im Christentum fest verankert.
Hier heißt es schon im Alten Testament: „Noah aber, der Landmann, war der erste, der Weinreben pflanzte“ (1. Mose 9,20).
Der Wein hat – nicht nur historisch – sehr tiefe Wurzeln und rankt in große Höhen, gefühlt bis in den Himmel. Die Blüten sind unscheinbar und botanisch gesehen keine Trauben, sondern Rispen – auch Geschein genannt. Wer die Veredelung versteht, erntet die besten Früchte. Davon lässt sich viel ableiten, allen voran die vielen mythologischen Bedeutungen (Stichwort Messwein als Blut Christi). Dass einer solch heiligen Pflanze eine hohe Wirksamkeit nachgewiesen wird, versteht sich daher von selbst.
Hildegard von Bingen zum Beispiel nahm das heilige „Blut der Erde“ sehr oft als Träger für viele weitere, heilkräftige Elixiere. Frische Weintrauben sind eine wahre Verjüngungskur für den gesamten Körper, insbesondere der Darm- und Nierentätigkeit. Die Pflanze Vitis vinifera bekommt ausschließlich rote Früchte, welche viele heilsame Inhaltsstoffe in der Schale hat:
Antioxidantien, die die Zellalterung verzögern sowie Polyphenole, die einen Herzinfarkt und Schlaganfallrisiko minimieren sowie Krebs und Demenzerkrankung als auch Nierenerkrankungen vorbeugen können. Kein Wunder also, dass Pfarrer Kneipp Traubenkuren zur Säfteerneuerung, gegen den Zerfall des Körpers und bei Blutarmut verordnete.
bgesehen von der Volksheilkunde wird in der Wissenschaft sehr viel geforscht, was die Beziehung zwischen Herz-Kreislauf sowie Diabetes und Krebs angeht. Allerdings sollten Menschen, welche auf ballaststoffreiche Nahrung aufgrund beispielsweise einer bestimmten Darmerkrankung verzichten sollten, sich bei Trauben zurückhalten.
Die Weinblätter wurden in der Volksheilkunde gegen Rheuma sehr geschätzt. Die roten Blätter im Herbst werden wiederum als Presssaft für Venenleiden verwendet. Die Weinrebenblüten sind in der Volksheilkunde sehr nervenstärkend. Im Mittelalter stellte man aus der Blüte auch eine Salbe her, um Sommersprossen entgegenzuwirken.
Aber es gibt nicht nur die Traubenblüten, Blätter und Trauben, sondern eine Vielzahl an Produkten, welche alle wiederum weitere faszinierende Heilstoffe besitzen: Traubenkernöl, Traubenkernmehl, die kalorienreichen Rosinen, den desinfizierenden und verdauungsfördernden Weinessig, die Blätter für Salate oder andere Gerichte sowie der antibakteriell wirkende Weintrester bei bestimmten Bakterienarten. Auch sehr geschätzt und immer mehr wiederentdeckt ist das Rebwasser. Bei Vegetationsbeginn „pumpt“ die Rebe aus den Tiefen ihrer Wurzeln Wasser mit Mineralien und Vitalstoffen in ihre Zweige. Aus den Schnittstellen des Rebschitts tropft das Rebwasser, welches auch Rebblut genannt wird. Dieser Saft wird volksheilkundlich bei Hautpilzen, Schuppenflechte und verschiedenen anderen Hautleiden verwendet.
Selbstverständlich sollte man auf- grund des Alkoholgehaltes auf den echten Wein mit Maßen blicken. Vielleicht sieht man jetzt die Pflanze noch einmal mit anderen Augen? Bleibt nur noch ein Zitat von Konrad Adenauer mit Augenzwinkern hinzuzufügen: „Ein gutes Glas Wein ist geeignet, den Verstand zu wecken.“
Hinweis: Die oben aufgeführten Inhalte sind aus volksheilkundlicher Sicht wiedergegeben. Es handelt sich dabei um kein Heilsversprechen. Bitte sprecht mit eurem Arzt oder Apotheker bevor ihr das Heilkraut verwenden.
Ein Beitrag von Karin Himmelreich-Rades
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