Die Brennnessel: Heilpflanze des Jahres 2022 und Alleskönnerin

Die meisten Menschen meiden sie, reißen sie raus, wollen sie um alles in der Welt vernichten: die Brennnessel. Durch ihre „Brennhaare“ ist sie eine der eindrücklichsten Pflanzen, welche wir als Kind fast immer schmerzhaft kennenlernen und in Erinnerung behalten. Daher auch der lateinische Name der Großen Brennnessel Urtica dioica – urere = brennen. Doch diese wehrhafte Pflanze schenkt Mensch und Umwelt unglaublich vieles. Daher wurde sie zu Recht als Heilpflanze des Jahres 2022 benannt.

Seit der Bronzezeit wurde die Brennnessel in Deutschland u.a. für die Fasergewinnung genutzt. Textilien wurden aus ihr gefertigt, bis die Baumwolle dieses Feld komplett einnahm. Aufgrund der Baumwollknappheit wurde sie um 1900 wieder als „Leinen der armen Leute“ bekannt. 

 

In dem Märchen, von Hans Christian Andersen, „Die wilden Schwäne“,  werden die verwunschenen Brüder von magisch selbstgestrickten Nesselhemden von der Prinzessin befreit. Auch im Ersten und Zweiten Weltkrieg kam ein größeres Interesse am Nesseltuch für Armee-Kleidung auf, welches aber danach aufgrund der Rentabilität bei der Herstellung bis 1990 komplett verschwand. Heute wird sie aber wieder neu entdeckt.

Des Weiteren wurde die Brennnessel für allerhand anderes genutzt, z.B. als Färberpflanze oder zur Seilherstellung. Aber auch die Brennnesseljauche ist den meisten Gärtnern ein Begriff. Ist das Wasser-Pflanzengemisch nach einigen Tagen „durchgegoren“, kann es stark verdünnt als hervorragender Pflanzendünger mit hohem Stickstoff und Kaliumgehalt oder als natürliches Fungizid verwendet werden. Manch Pflanzenkundiger behauptet, dass wenn Brennnesseln im Garten wachsen, die herumwachsenden Pflanzen mehr ätherische Öle bilden würden. Auch Omas Trick, Brennnesseln mit in die Schale von nicht reif gewordenen Tomaten im Herbst für eine schnelle Reife mit hineinzulegen, scheint zu funktionieren. 

Brennnesseln enthalten viel Chlorophyll, Eisen, Flavonoide, Folsäure, Kalium, Kieselsäure, Linolsäure, Magnesium, Phosphor, Schleimstoffe, Vitamin A und C und noch vieles mehr. In vielen „blutreinigenden“ Tees oder Frühjahreskuren ist sie daher zu finden. Aufgrund des hohen Eisengehaltes dürften die Brennnesselblätter vor allem für Frauen interessant sein. Die Wurzeln der Brennnessel hingegen ist bei den Männern ein volksheilkundliches Prostatamittel. 

Vor allem die Brennnessel-Samen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit in der Super-Food-Szene. Die reifen Samen haben u.a. einen großen Gehalt an essenziellen Fettsäuren, was sie zu richtigen Kraftpaketen werden lässt. Doch Vorsicht: Die Brennnessel ist zweihäusig getrenntgeschlechtlich – das heißt, es gibt sowohl rein männliche Pflanzen als auch rein weibliche Pflanzen, was der Name „dioica“ aussagt. Oft werden die Power-Samen der weiblichen Pflanze mit denen der fast identisch aussehenden männlichen Pflanzenteile verwechselt. Die männlichen Blütenrispen sind aber eher rundlicher und weiß. Diese zu essen wäre nicht dramatisch, haben aber nicht die gewünschten Inhaltsstoffe. Die weiblichen Samenstände sind zunächst grün, kantig und hängen wie Trauben am Stil der Pflanze. Im Spätsommer werden sie braun.

Tipp: Erst im Spätsommer die braunen Samen sammeln – denn da gibt es keine Verwechslung zu den männlichen, bereits „verblühten“ Pflanzen mehr. 

 

Natürlich ist die Brennnessel nicht nur als Futterpflanze für Tiere und für viele Schmetterlingsarten wichtig, sie ist auch für uns Menschen eine unglaublich gesunde und leckere Wild-Nahrung. Die jungen oberen Triebe können vor der Blüte geerntet und wie Spinat verwendet werden. Ersetzt doch einfach mal bei Rezepten mit Spinat diesen mit dem Wunderkraut. Und keine Angst vor den Brennhaaren – diese sind nach dem Verarbeiten und Erhitzen komplett verschwunden. Guten Appetit!

Habt ihr Lust auf mehr Wildkräuterwissen? Dann besucht  die Heilkräuterschule KräuterHimmelreich oder Kräuterwanderungen von der Naturmentorin und Kräuterpädagogin Karin Himmelreich-Rades. 

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