Die Digitalisierung des Natürlichen
Standen in meiner Kindheit Restaurantbesuche oder andere Veranstaltungen auf dem Programm, habe ich mein Köfferchen mit Kartenspielen und Malsachen gepackt. Auch bei meinen Kindern war es so. Ihr Rucksack quoll über mit Playmobilspielsachen, Lego, Puppenkleidern und -utensilien, wenn wir unterwegs waren. Heutzutage ist das in vielen Familien überhaupt nicht nötig, denn die Handtasche der Mutter bietet ausreichend Platz für das Smartphone, mit dem mittlerweile selbst ganz kleine Kinder spielend umgehen können. Während meines letzten Urlaubsaufenthaltes beobachtete ich einige junge Familien, die sich entspannt ihr Frühstück schmecken ließen, währenddessen das Kind im Hochstuhl sämtliche Tasten des Smartphones betätigte und somit das Frühstück gerettet war.
Die digitalen Medien sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken und fester Bestandteil im Leben von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen geworden. Schon im Kindergartenalter soll die Erziehung mit diesen neuen Medien beginnen und die Bundesregierung forciert die Einführung der TabletPCs und SmartPhones im Unterricht. Die Risiken, die von digitalen Medien ausgehen, werden dabei heruntergespielt.
„Digitale Medien verändern unsere Gesellschaft, die Sozialisation, das Kommunikationsverhalten, sie haben körperliche und psychosomatische Auswirkungen. Es findet eine Digitalisierung des Natürlichen statt,“ so der Pädagoge Peter Hensinger. „Viele Eltern sind der Meinung, dass Kinder möglichst früh an den Umgang mit Smartphone und Tablets herangeführt werden sollten, weil behauptet wird, sie zu beherrschen sei eine Schlüsselqualifikation vor allem für das spätere Leben. Das klingt vordergründig logisch. Dabei wird übersehen, dass der Umgang mit diesen Medien wichtige Basis-Schlüsselqualifikationen voraussetzt, um damit richtig umgehen zu können. In dem Buch „Medienmündig“ von Dr. Paula Bleckmann, das ich allen Eltern wärmstens empfehle, wird betont, dass für die Reifung und das Wachstum des Gehirns und das Selbstbewusstsein viele Sinneserfahrungen nötig sind: Sehen, Schwerkraft, Tasten, Hören, Schmecken, Eigenbewegungssinn, Riechen und Drehsinn. Aber: Computer, Gameboy, Tablet und Smartphone sprechen nur Augen und Ohren an. Für die Verknüpfung von Erlebnissen braucht es aber alle acht Sinne. Das wird sensomotorische Integration genannt. Sie ist die Voraussetzung für ein gesundes Gehirnwachstum und späteres erfolgreiches Lernen. Dafür ist der unmittelbare Kontakt zur Welt und zu anderen Menschen unverzichtbar.“
Jeder Like ein Freund?
Peter Hensinger warnt davor, dem Hype der digitalen Medien nachzugeben: „Erziehen wir zu früh mit den Medien, werden diese acht Sinne unzureichend ausgebildet, so verlieren die Kinder sogar wichtige Qualifikationen wie zum Beispiel die soziale Kommunikation. Wenn Kinder oder Jugendliche nur noch über das Smartphone kommunizieren, bedeutet es, dass die natürliche Kommunikation wie miteinander sprechen, miteinander streiten oder Gefühle austauschen, zu kurz kommt. Letzten Endes läuft es darauf hinaus, dass wir nur noch einseitig elektronisch kommunizieren. Diese Tendenz zeigt auch die Statistik. Die soziale Interaktion von Kindern ist von 1987 bis 2007 von 6 Stunden auf 2 Stunden täglich gefallen, während die Nutzungszeit elektronischer Medien von 4 auf 8 Stunden gestiegen ist, und sie wächst! Lernerlebnis wird ersetzt durch das Spielen in einer virtuellen, verkabelten oder funkbasierten Bildschirmrealität. Wann soll noch Zeit für das reale Spiel sein, auch das Naturerlebnis, wenn Kinder heute mehr als 8 Stunden am Tag elektronischen Medien ausgesetzt sind? Diese veränderte Kommunikation ist gravierend für das soziale Zusammenleben. Die Datenflut, das Multitasking, dem die Kinder dabei ausgesetzt sind, führt zudem zu einem Zustand dauernder Überregtheit, zu Stress, ununterbrochen wird das Smartphone gecheckt, wie soll da Kreativität entstehen?
Man hat dann hunderte Freunde im Facebook, aber in der Realität keinen richtigen Freund. Viele definieren ihren Selbstwert über die Zahl ihrer Facebook-Freunde. Es treibt sie oft eine Angst vor dem Alleinsein. Deshalb meinen sie, sie müssten laufend fast zwanghaft checken, ob eine neue SMS kommt, ob sie gefragt, sprich: beliebt sind. Die echte Kommunikation mit den realen Freunden und Freundinnen lässt nach – man simst lieber mit dem nicht anwesenden Facebook-Freund oder sieht sich Bilder an. Aber eine gesimste Kurznachricht kann leicht missverstanden werden. Wer kann schon eine Situation richtig einschätzen, wenn man nur liest, aber weder den Gesichtsausdruck sieht noch hört, was und wie etwas gesagt wird? Beziehungen werden oberflächlicher. Es ist eine Illusion zu glauben, man hätte viele wirkliche Freunde. Statt Facebook-Likes ist es besser, von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren, denn nur so entwickelt sich Empathie, also ein Mitgefühl und Sozialkompetenz. Der Psychologe Manfred Spitzer stellt fest, dass Jugendliche durch die exzessive Mediennutzung in eine soziale Isolation geraten und die Vereinsamung wächst. Gerade in Ländern wie beispielsweise in Südkorea, wo die Sättigungsrate an Smartphones am größten ist, ist die Selbstmordrate unter Jugendlichen besonders hoch.“
Die positiven Folgen sozialer Interaktion für die Gehirnentwicklung beschreibt Prof. Manfred Spitzer folgendermaßen: „Zusammenfassend zeigen Forschungsergebnisse, dass das Leben in einer größeren Gruppe die soziale Kompetenz steigert und zu einem Wachstum der Gehirnregionen führt, die diese soziale Funktion leisten. Aber das ändert sich derzeit, weil die Nutzung von digitalen sozialen Medien wie Facebook, die ja mit weniger realen Kontakten einhergeht, zu einer Verminderung der Größe sozialer Gehirnbereiche bei Kindern und damit zu geringerer sozialer Kompetenz führen muss. Nachgewiesen ist weiterhin: Wer schon als Kleinkind viel Zeit vor dem Bildschirm verbringt, zeigt in der Grundschule vermehrt Störungen der Sprachentwicklung und Aufmerksamkeitsstörung. Eine Playstation verursacht nachweislich schlechte Noten im Lesen und Schreiben sowie Verhaltensprobleme in der Schule, ein Computer im Kinderzimmer wirkt sich negativ auf die Schulleistungen aus und im Jugendalter führen Internet und Computer zu einer Verringerung der Selbstkontrolle und zur Sucht.“
Umweltbewusstsein digital – geht das?
Und der Pädagoge Peter Hensinger stellt, auch als Vorstandmitglied im BUND Stuttgart, angesichts der Medienflut die besorgte Frage, wie eine Wertschätzung der Schöpfung und ein kritisches Umweltbewusstsein entstehen kann:
“ In einem Artikel in Heise über die Ergebnisse einer Untersuchung in England wird treffend gefragt: „Welche Chance hat der Umweltschutz, die Artenvielfalt, die Achtung vor der Biosphäre, wenn die Jüngsten nur noch an Entertainment-Medien kleben und nicht mehr auf Bäume steigen, wenn ihr Bewegungsradius seit den 1970er Jahren um 90 Prozent abgenommen hat? Wenn nur mehr ein gutes Drittel (36 Prozent) der Kinder zwischen 8 und 12 Jahren einmal in der Woche außer Haus spielt; nur mehr jeder Fünfte weiß, wie das ist, auf einen Baum zu klettern und jedes zehnte Kind davon überzeugt ist, dass Kühe Winterschlaf halten – allesamt Resultate einer Befragung, die ein britischer Fernsehsender unter 2000 Kindern im genannten Alter durchführen ließ. Die Liste der Signale, die von einer Naturentfremdung künden, lässt sich noch weiterführen: 28% haben im letzten Jahr keinen großen Spaziergang mit den Eltern unternommen; ein Fünftel war auch noch nie auf einem Bauernhof. Die Medien bringen vor allem die Stadtkinder um diese Erfahrungen mit allen acht Sinnen durch das reale Leben.”“
Das Abtauchen aus der realen in die virtuelle Welt, die Entfremdung vom realen Leben beschreibt Prof. M. Spitzer als „SmartPhone“-Epidemie der „hyperconnected“ Generation, die zu „pathologischen Stubenhockern“ wird, so Andreas Hock in seinem Buch „Like mich am Arsch“. Manfred Spitzer listet anhand internationaler Studien die übereinstimmenden Folgen: Einsamkeit, Depression, Angst, Schlafstörungen, Stress. Junge Menschen gebrauchen im Schnitt 150 Mal ihr Smartphone am Tag, die Nutzungszeit geht inzwischen weit über 8 Stunden durchschnittlich. Man kann von einer kollektiven Sucht sprechen, Kliniken machen bereits Spezialabteilungen dafür auf. In Südkorea versucht der Staat mit der Kampagne 1-1-1 gegenzusteuern, die Jugendlichen sollen an einem Tag in der Woche einmal das Smartphone für eine Stunde ausschalten.
Peter Hensinger fragt weiter:
“Welche Weltkenntnis entsteht durch die Virtualisierung der Erfahrungen und Beziehungen, durch das Defizit an sinnlicher und Naturerfahrung, durch den Google-gesteuerten digitalen Tunnelblick? Ich stelle es hier einfach als Frage in den Raum: Wenn die Kinder und Jugendlichen die Welt nur noch hauptsächlich digital vermittelt erfahren, zurückgespiegelt von Google, mit Werbung auf ihr Profil zugeschnitten bereits im Kindergarten- und Grundschulalter: welches kritische Umweltbewusstsein kann da noch entstehen?Die ganze Welt in den Händen?
Der Französische Philosoph Michel Serres ist anderer Meinung als Peter Hensinger und nennt die Generation unserer Kinder und Jugendlichen die „Kleinen Däumlinge“: „Weil sie mit ihren Daumen eine unendlich große Welt erkunden. Und dadurch entstehen immer mehr Dinge, immer mehr Kontakte. Es sind Menschen, die sich auf Netzwerken zusammenschließen… Dabei besitzen sie etwas, was keine Generation vor ihnen hatte: ein jederzeit abrufbares, immenses Wissen. Nicht in ihrem eigenen Gedächtnis, sondern in den Computern, die den Menschen nun auch im Alltag zur Verfügung stehen. Bisher hatten wir alles in unseren Köpfen, doch dies wird nun in den Computer verlegt und dadurch kolossal erweitert. Denn was tun die kleinen Däumlinge? Sie halten das gesamte Wissen dieser Welt in ihrem Smartphone, in ihren Händen…“.
Diese Auffassung hinterfragt Hensinger in unserem Gespräch: „Ich bin gegen den Begriff „Medienkompetenz“, er sollte durch „Medienmündigkeit“ ersetzt werden. Die technische Fertigkeit lernen die Kinder und Jugendlichen blitzschnell. Die Jugendlichen müssen es aber lernen, souverän mit den Medien umgehen zu können, sie als Hilfsmittel einzusetzen, aber auch Pausen einlegen können. Hat das Gedächtnis der Däumlinge schon die Kompetenz, das Entscheidungsvermögen, die Datenflut zu ordnen, zu gewichten und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen? Wer erzieht sie zu einem kritischen Weltverständnis, wenn es von vornherein durch Google und Datenkraken gefiltert und manipuliert wird? Sind viele heute nicht eher gefangen im Netz? Man muss also zur Medienmündigkeit erziehen. Dazu braucht es in der realen Welt menschliche Nähe, Spaß beim Sport, ein Instrument zu spielen, Gemeinschaftserlebnisse in der Klasse und Hobbys, die Fähigkeiten entwickeln. Wer bestimmt wen? Die Voraussage des Internetpioniers Jaron Lanier darf nicht eintreffen. „Du bist nicht der Kunde der Internetkonzerne. Du bist ihr Produkt.“
Ich habe nichts zu verbergen! Oder doch?
Die digitalen Medien verändern nicht nur die Kommunikation, sie führen zu weiteren einschneidenden Veränderungen, die in Wechselwirkung miteinander stehen.
„Das Problem besteht nicht nur in einer veränderten Kommunikation, sondern auch darin, dass eine Überwachung über die Smartphones stattfindet. Durch SmartPhones, Facebook und Internet werden Daten auch schon von Kindern und Jugendlichen gesammelt. Jeder Klick wird heute von ca. 50 Stellen wie Behörden oder Datenagenturen gespeichert. Die Datenagenturen gehören mittlerweile zu den größten Industriebereichen. Die Perfektionierung der Überwachung wird derzeit unter dem Mantel „fortschrittlich und kostenlos“ in den Städten mit WLAN HotSpots vollzogen. „Freies WLAN” heißt freie Daten für die Industrie. Im Auftrag von Kaufhausketten und lokalen Händlern werden über WLAN die Bewegungsdaten und das personalisierte Kaufverhalten der Bürger von Privatfirmen erfasst. Durchdenken wir das ganz praktisch, bezogen auf die Kinder. Ein Kind bekommt mit 6 Jahren ein Smartphone und nun beginnen die Datenagenturen von ihm Daten zu sammeln. Wenn es 18 ist, ist die digitale Akte prall gefüllt. Sie kann gekauft werden. Der nun Jugendliche bewirbt sich. Sein digitaler Zwilling ist schon im PC des Personalchefs, er hat den gläsernen Bewerber vor sich. Er weiß, welche Kategorie von Freunden er hat, kennt seine Intelligenz, sein Schul- und Sozialverhalten, weiß, welche Bücher er liest und was er konsumiert, ob er Sport treibt oder computersüchtig ist, wie groß seine finanzielle Abhängigkeit ist, welche Krankheiten er hatte oder hat. Alkoholkonsum, Jugendstrafen, Weltanschauung, Beziehungskonflikte, sexuelle Orientierung – die Akte ist angelegt, mit Hilfe von Google, Facebook, WhatsApp, WLAN. Der zweite Aspekt: Schon Kinder sollen zum Konsum konditioniert werden. SmartPhones und Tablets, selbst Konsumprodukte, wecken und überbringen die Wünsche. Sie wurden zu Hauptinstrumenten der kapitalorientierten Sozialisation, der Konditionierung zum Konsum. „Die besten Köpfe meiner Generation denken nur noch darüber nach, wie man Menschen dazu verleitet, auf Werbung zu klicken” sagt die Wikipedia-Chefin Sue Gardner bedauernd.
Der Elektrosmog wird unterschätzt
Neben der Überwachung, der Verführung zum Konsum und den entwicklungspsychologischen Aspekten gibt es eine weitere Auswirkung der mobilen Kommunikation: die Wirkungen des Elektrosmogs. Dazu Peter Hensinger:
„Alle diese neuen Geräte senden und empfangen kabellos über gepulste Mikrowellenstrahlung, an die unser Körper nicht adaptiert ist. Bis in die Mitte der 90er-Jahre war der Mensch nahezu verschont von der Umwelt-Belastung durch diese nichtionisierende Strahlung. Heute leben wir in einer Elektrosmogwolke, verursacht durch SmartPhones, TabletPCs, DECT-Telefone, WLAN, Mobilfunksendemasten. Die Gesundheitsschädlichkeit des Elektrosmogs kann nicht mehr bestritten werden. In der Umweltmedizin werden heute der Anstieg von Kopfschmerzen, ADHS, Burn-Out bis hin zu Krebserkrankungen damit in Verbindung gebracht. Weit über 40 Studien allein zu WLAN weisen inzwischen auf Folgen u. a. durch oxidativen Zellstress, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, ADHS, negative Auswirkungen auf die Spermien, den Fötus, die Zellteilung, Verhalten und Gedächtnis, Nervenschädigungen bis zur Krebspromotion hin. Die Schädigungen durch die Strahlenbelastung sind inzwischen durch Forschungsergebnisse gut dokumentiert, Kinder sind besonders gefährdet. Durch die geplante Einführung von WLAN an Schulen, Bibliotheken und allen Bildungseinrichtungen und von kostenlosen HotSpots in den Kommunen wird die Belastung lückenlos. Diese Gesundheitsgefährdung wir sträflich unterschätzt.“
Die richtige Dosis finden
Abschließend fasst Peter Hensinger zusammen:
„Zu frühe und unkritische Nutzung digitaler Medien be- oder verhindert bei Heranwachsenden die Herausbildung der allseitigen Gehirn- und Persönlichkeitsentwicklung. Die Digitalisierung des Natürlichen bedeutete eine vierfache Schädigung: Überwachung, Konditionierung zum Konsum, Digitale Demenz, Strahlenbelastung. Das ist eine vierfache Falle, in die uns Industrie und Werbepsychologen locken, und der Staat macht mit. In der Verdrängung all dieser vier Erkenntnisse herrscht in Deutschland und weltweit eine regelrechte SmartPhone-, Tablet- und WLAN- Euphorie, in allen Gesellschaftsschichten.
Die Technologie ist jung, die Erfahrungen neu, Eltern, Lehrer und Schüler wurden im Grunde davon überrollt und sind überfordert. Die Überwachung ist derzeit nicht zu kontrollieren, wir müssen sie in das Handeln einbeziehen, mit den Jugendlichen thematisieren, damit sie sich ein Bewusstsein über die Bedeutung der Werte wie Privatsphäre, Schutz der Unversehrtheit der Wohnung, Post- und Bankgeheimnis bilden. Wir müssen die Politik in die Pflicht nehmen, es braucht eine industrieunabhängige Erziehung zur Medienmündigkeit in der Schule und dafür ausgebildete Lehrer. Konzepte dafür gibt es. Und wir brauchen ebenso eine Aufklärung über die gesundheitlichen Risiken durch die Strahlenbelastung und die Verwirklichung von alternativen Technologien.
Erst, wenn man Zeit zum Innehalten, zum Nachdenken hat, wenn Stille und Nichtstun nicht als bedrohlich erlebt werden, kann der Mensch kreativ und glücklich werden. Permanente Beschäftigung und mediale Berieselung ist für Körper und Geist nicht gesund. Spitzer schreibt: „Nur etwa 10% der jungen Menschen scheinen verstanden zu haben, dass man das Smartphone im Leben benutzen muss wie beispielsweise Salz beim Essen: In sehr geringen Dosen (wenige Gramm/Tag) macht es alles schmackhafter; in höheren Dosen oder gar als Hauptbestandteil der Nahrung ist es schädlich bis tödlich“ Man kann nur hoffen, dass diese Probleme bald als gesellschaftliche Probleme erkannt werden, der Einfluss der Industrie und ihrer Lobbyorganisationen beschränkt wird und Lehrer, Eltern und Kinder die notwendige Aufklärung und Unterstützung bekommen – damit der Anteil der klugen Jugendlichen steigt.“
Zwei weitere Artikel von Peter Hensinger: Risiken der Sozialisation von Kindern und Jugendlichen durch digitale Medien in:
umwelt medizin gesellschaft 2014; 27(3): 167-175
http://www.umg-verlag.de/umwelt-medizin-gesellschaft/314h.pdf
Vortrag Superwanze Smartphone
Download: http://www.diagnose-funk.org/assets/df_227_bp_superwanze_2014-11-01.pdf
Weitere Informationen auf:
www.diagnose-funk.de
www.mobilfunkstudien.de
Bundespräsident Gauck zu den Risiken digitaler Medien
„Vor 30 Jahren wehrten sich Bundesbürger noch leiden-schaftlich gegen die Volkszählung und setzten am Ende das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch. Und heute? Heute tragen Menschen freiwillig oder gedankenlos bei jedem Klick im Netz Persönliches zu Markte, die Jüngeren unter uns vertrauen sozialen Netzwerken gleich ihr ganzes Leben an. Ausgeliefertsein und Selbstauslieferung sind kaum noch voneinander zu trennen. Es schwindet jene Privatsphäre, die unsere Vorfahren sich einst gegen den Staat erkämpften und die wir in totalitären Systemen gegen Gleichschaltung und Gesinnungsschnüffelei zu verteidigen suchten. Öffentlichkeit erscheint nicht mehr als Bedrohung, sondern als Verheißung, die Wahrnehmung und Anerkennung verspricht. Viele verstehen nicht oder wollen nicht wissen, dass sie so mitbauen am digitalen Zwilling ihrer realen Person, der neben ihren Stärken auch ihre Schwächen enthüllt – oder enthüllen könnte. Der ihre Misserfolge und Verführ-barkeiten aufdecken oder gar sensible Informationen über Krankheiten preisgeben könnte. Der den Einzelnen transparent, kalkulierbar und manipulierbar werden lässt für Dienste und Politik, Kommerz und Arbeitsmarkt.“
(aus der Rede am Tag der deutschen Einheit 2013 in Stuttgart)