Mit der Bobath-Therapie neurologische Bewegungsstörungen behandeln
Heute kommt Sebastijan in die Behandlung des ASB-Therapiezentrums in Heilbronn. Er ist 11 Monate alt. Die Physiotherapeutin Susen Herms, die auch ausgebildete Bobath-Therapeutin ist, erklärt, das Wichtigste ist zunächst, etwas zu finden, was ihm Spaß mache!
Jetzt spricht sie ihn aufmunternd an. Weich gepolstert liegt das Kind auf einer stabilen Matte, sie selbst sitzt ohne Schuhe und in bequemer Kleidung daneben. Die Mutter des Kleinen lächelt ihn vom Rand der Matte aus an.
Schnell richtet Sebastijan sein Interesse auf die Stapelbecher, die Susen Herms geholt hat. Das Ziel der Bobath-Therapeutin ist, das Kleinkind dazu zu bringen, sich eigenständig von der Rückenlage in die Seitenlage zu drehen und dann ins Sitzen zu kommen. Dabei soll Sebastijan nicht die bevorzugte Seite benutzen, sondern die andere, die, die er nicht so gerne mag.
Das Bobath-Konzept ist eine neurophysiologische Methode, die zum Beispiel in der Behandlung von Kindern mit motorischen Störungen eingesetzt werden kann. Hier sind es Entwicklungsverzögerungen, manchmal auch neurologische Beeinträchtigungen, bei denen zu einer Therapie geraten wird. Bei einer Sitzung sollen möglichst viele sensomotorische Lernprozesse angeregt werden.
Da! Es hat geklappt! Doch jetzt legt sich Sebastijan wieder in die bequemere Bauchlage. Schnell schiebt ihm Susen Herms einen Ball unter die Brust. Ob er ihn herausnehmen will oder darüber kullert, das ist egal, denn wichtig sei, so Herms, dass seine Muskulatur im Brustkorb in eine Lage gebracht wird, aus der heraus er sich anstrengen muss. Zum Beispiel, um zu sehen, was denn da unter seinem Bauch liegt. Schiebt er sich zurück auf die Fersen, ist für heute schon etwas erreicht.
Wie alt ist das Kind und was müsste es auf dieser Entwicklungsstufe schon können, sind nur zwei Fragen der differenzierten Anamnese, die zu Beginn einer Behandlung gestellt werden. Ein Kind mit 11 Monaten müsse eigenständig sitzen können – und zwar indem es sich über beide Seiten ins Sitzen bringt. Krabbeln oder Kniestand, auch das sollte motorisch möglich sein.
Susen Herms motiviert den Kleinen immer wieder … schnell hat er verstanden, dass er Lob und Applaus bekommt, wenn er sich ins Sitzen oder in den Kniestand hocharbeitet. Genau das sind die nächsten Entwicklungsschritte, die die Therapeutin mit ihm einübt. Sie bewegt ihn mit gekonnten Griffen zum Tisch, was bewirkt, dass er sich in die Positionen bringt, die er so gerne vermeidet: „Da gehören die Füßchen hin!“ sagt sie neckend zu Sebastijan.
Sollte ein Kind bis zum zweiten Lebensjahr seine Entwicklungsverzögerungen durch eine Therapie nicht aufholen können, geht es in eine größere Diagnose-Schleife.
Die Aufgabe einer Therapeutin ist es dann, mit Eltern, Ärzten und Kindergarten den Austausch zu suchen, um die Auffälligkeiten zu besprechen und gemeinsam die Förderungsmöglichkeiten im Alltag durchzugehen.
Im Gespräch mit Lea Müller und Susen Herms, den beiden Bobath-Therapeutinnen im Ambulanten Therapiezentrum Heilbronn, erklären diese, dass sie sich auch als Praxis-Vermittlerinnen sehen, die den Eltern Anleitung geben, was diese zu Hause dafür tun können, damit das Kind seine Präferenzen für eine Seite aufgibt. Manchmal reiche schon der Tipp, den Maxi-Cosi einmal auf der anderen Seite des Autos zu befestigen. „Die Erklärungen müssen einfach und verständlich sein, dafür sind wir da“, sagen Müller und Herms.
Die Bobath-Therapie erhält ein Kind 2-3x die Woche. Im Ambulanten Therapiezentrum Heilbronn kümmern sich zur Zeit zwei Physiotherapeutinnen mit dem Schwerpunkt Bobath-Therapie um Kinder und Erwachsene.