Mit großen Augen und einem Strahlen im Gesicht präsentiert Tim (Name geändert – Anmerkung der Redaktion) eine blau gemusterte Feder, die er gerade im Wald gefunden hat. „Schau mal, das ist die Feder eines Eichelhähers“, weiß der kleine Tim, der jetzt aus Erde eine kleine Vase für seine Feder knetet. Tim ist eines der 30 Kinder, die den Heilbronner Waldkindergarten Laubfrosch auf der Waldheide besuchen. Lag beim letzten Besuch der Laubfrösche noch Schnee, so ist der Wald in ein sattes Grün getaucht. Schon von Weitem tönen Kinderstimmen, neben dem Gezwitscher zahlreicher Vögel, durch das dichte Grün. Jetzt ist eine bunte Hängematte zu sehen, die zwischen den Bäumen aufgehängt wurde und in der mehrere Kinder hin und her schaukeln. In der Waldküche daneben bereitet ein Grüppchen ein leckeres Mahl aus Blättern zu. Besonders beliebt bei den Kindern ist die Matschecke, in der die Kinder nach Herzenslust matschen dürfen. „Nicht selten kommt es vor, dass die Kinder morgens bunt gebracht werden und nachmittags braun nach Hause gehen“, lacht die Leiterin Brigitte Bartsch, die sich keinen schöneren Arbeitsplatz vorstellen könnte. „Klar muss ich im Winter auch an manchen Tagen, wenn es kalt und schmuddelig ist, meinen inneren Schweinehund überwinden. Das kommt allerdings sehr selten vor und bei den Kindern eigentlich gar nicht. Sie sind mit regendichter wetterfester Kleidung ausgerüstet und fühlen sich in ihrem großen Waldspielplatz pudelwohl.“ Sie erwähnt, dass die Kinder im Wald keine Langeweile kennen. „Kaum haben wir unseren Morgenkreis beendet, flitzen die Kinder auch schon in ihren Wald und machen meist da weiter, wo sie am Tag davor aufgehört haben.“
Der Waldkindergarten Laubfrosch, der in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert und damit zu den ersten der Region zählt, bietet Platz für 30 Kinder in zwei Gruppen. „Wir arbeiten in Stammgruppen, was bedeutet, dass jede Gruppe an ihrem Platz ist und sich nicht vermischt. Denn im Wald würden wir dann wahrscheinlich den Überblick verlieren. Trotz alledem gibt es regelmäßig gruppenübergreifende Angebote wie beispielsweise gemeinsame Spaziergänge. Was mich immer wieder erstaunt: die Kinder halten sich sowohl an die Grenzen innerhalb der Gruppe sowie daran, das Gelände des Waldkindergartens nicht zu überschreiten, obwohl es nicht durch Zäune begrenzt ist. Hier kümmern sich die größeren Kinder um die kleineren. Das begeistert mich wirklich an diesem Konzept des Waldkindergartens: die Größeren übernehmen Verantwortung nicht nur gegenüber den Kleineren, sondern auch für die Natur. “
Was in den 1950er Jahren in Dänemark entstand, hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr etabliert. So steht nicht nur der gesundheitliche Aspekt eines Waldkindergartens im Fokus, sondern ebenfalls die Vielfalt an Bewegungsanlässen und –möglichkeiten: Hüpfen, Springen, Klettern, Balancieren, Kriechen, Tanzen usw. Die Voraussetzungen für eine gute psychomotorische Entwicklung sind dadurch ideal. Darüber hinaus bietet der Wald Raum, um alle fünf Sinne des Kindes – Fühlen, Hören, Riechen, Schmecken und Sehen – in einer differenzierten Weise anzusprechen und sich mit allen Sinnen zu erleben. Sie erfahren hautnah die Jahreszeiten, können ihrem Bewegungsdrang freien Lauf lassen, ökologische Zusammenhänge kennenlernen und Wichtiges über Pflanzen und Tiere erfahren. Und natürlich aus Herzenslust den Wald bespielen. Dadurch, dass auf klassische Spielsachen weitestgehend verzichtet wird, wird die Fantasie der Kinder verstärkt angeregt. Der Baumstumpf wird zum Stuhl, der Ast zu einem Auto, die Matschepampe zu einer leckeren Suppe.
Einen wichtigen Teil im Tagesablauf des Waldkindergartens stellt das Freispiel dar, bei dem die Kinder Autonomie, Souveränität, Selbstwirksamkeit und Freiheit erleben. Gerade der jahreszeitliche Wandel in der Natur bietet ständige Veränderungen und dadurch immer wieder neue Spielmöglichkeiten.
„Unsere ausgedehnten Spaziergänge auf der Waldheide führen uns vorbei an Plätzen, die zum Spielen und Verweilen einladen und denen die Kinder so Namen wie Löwental, Ritterburg, Träumerliegen, Elfenwald gegeben haben. Wir sagen immer: Der Weg ist das Ziel“, strahlt Brigitte Bartsch, die bestätigt, dass der Wald Kinder dabei unterstützt, zur Ruhe zu kommen und das spielerische Lernen zu fördern.